Lostplaces sind ja so eine Sache. Entweder sind sie bevölkert von verkappten Hobbymodel-Förderern, oder von Trotteln, die nie aus dem HDR-Hole rauskamen.
Als wir aber angefragt wurden, ob wir eine alte Kirche dokumentieren möchten bevor sie renoviert wird, waren wir nicht abgeneigt. Der pittoreske Teil wird komplett verschwinden, statt grünem Gemüse soll zukünftig frischer Putz an der Fassade hängen. Das macht durchaus Sinn, denn bisher finden hier noch Gottesdienste unter freiem Himmel statt (das Dach gibt’s schon lange nicht mehr), oder Hochzeiten. Und sollte hier mal eine Braut von einem herunterfallenden Stein erschlagen werden, lässt sich das, sag ich mal, versicherungstechnisch schlecht abbilden.
Der Verein, der sich liebevoll um diese Kirche kümmert, hat in den letzten Jahren genug Geld angesammelt, um Fördergelder zu beantragen. Und das unter schwersten Bedingungen. Super Ideen wie zum Beispiel ein Rockkonzert in dieser Kirche brachte zwar viel Geld durch den Bierverkauf – eben dieser brachte dann aber auch Pinkelorgien und Flaschendeckelsammlungen auf den Gräbern. Hier zeigt sich mal wieder, dass Menschen im Kollektiv nicht schlau durch Schwarmwissen werden (man darf nicht auf Gräber pinkeln), sondern sich in dummdumpfe Biomasse verwandeln (er hat ja auch!).
Uns hat es wirklich Spaß gemacht, diese tolle Kirche zu fotografieren, alles natürlich Analog, CP mit der Großformat (Farb-Dias – sein Bericht mit seinen Fotos und ein paar von meinen findet ihr hier, samt einem Video), ich war mit hochauflösendem Spur-Film und alter russischer Horizont Panoramakamera unterwegs. Einige Bilder gibt es nun auf den Veranstaltungen des Vereins als Postkarte zu kaufen.
Inzwischen ist die Kirche nun eingepackt und zugestellt mit Gerüsten und wird nächsten Sommer hoffentlich schon wieder zur Kulisse für schwarzwandelnde Gothic-Pärchen, die ihrer ambivalenten Gradwanderung zwischen schwarzer Hochzeit und kleinbürgerlichem Traum im schicken Ambiente nachgehen.