Wie immer im Herbst überfällt mich die Sehnsucht nach Hesse. „Im Nebel“ ist mein Lieblingsgedicht und Steppenwolf das Buch Nummer eins. Immer beim ersten Herbstnebel hol ich mir das Buch raus, verfalle in Herbstdepression, lese es und trink Glühwein dazu.
Dieses Jahr ist mein Lieblings-Pulldown-Gedicht allerdings ein anderes. Hesse hat kurz vor seinem Tod an einem Gedicht gearbeitet, es gibt drei Fassungen, und er war vermutlich noch nicht ganz damit fertig und zufrieden. Er wurde von einem Schlaganfall dahin gerafft, aber wusste schon vorher das es bergab geht. Dieses Gedicht ist ein Sinnbild für den nahen Tod. Alt sein, mürbe sein. Alle drei Fassungen zum selbst entscheiden, welches das Treffenste ist:
Knarren eines geknickten Astes
Erste Fassung Geknickter Ast, an Splittersträngen So knarrt und klagt es in den Knochen Ich lausche deinem Liede lange, |
Knarren eines geknickten Astes
Zweite Fassung Splittrig geknickter Ast, |
Knarren eines geknickten Astes
Dritte Fassung Splittrig geknickter Ast, |
Die letzten paar Mini-Tintypes mit der Hasselblad (Nassplattentechnik auf 6×6 cm großen beschichteten Aluminium) passen zu diesen Gedichten und auch zu der Stimmung. Also: Bilder angucken, Gedichte lesen, um dann mit Glühwein und Schwermut auf das Sofa zu sinken. Gern geschehen.
Ah. Und wer danach immer noch super drauf ist, „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.“ ist auch ein super Pulldown-Gedicht, offensichtlich war Rilke auch nicht immer ein Sonnenscheinchen.