Heute Nacht ist etwas in der Kunstwelt noch nie Dagewesenes passiert. Ein Meilenstein, ein Umdenken, Anarchie für Gerechtigkeit. Witzigerweise wird das aber vermutlich nicht in den Kunstzeitungen besprochen werden. Denn es ist nicht in der analogen, alten Kunstszene passiert, sondern im Internet, genauer NFTs. Die Künstler einer „Frauenkunst“ wurden auf Twitter als eine reine Männergruppe entlarvt (die allerdings den Mythos unterstützt haben, es sind Entwicklerinnen dabei). Die analoge Kunstszene würde sagen: Na und? Aber die NFT-Welt ist explodiert. Nach nur einer Nacht hat die Community beschlossen, dass das Team die Kontrolle aufgeben muss, das Projekt wird einer Zwischenhändlerin übergeben, und dann wird im Discord entschieden, wer von den Frauen, die als erstes in der Community dabei waren und viel zugearbeitet haben, das Projekt übernehmen.
Mal sehr, sehr überspitzt dargestellt: Leonardo da Vinci malt Mona Lisa, alle regen sich auf – ihm werden die Rechte komplett weggenommen und an die Hexen mit den Mistgabeln vor der Tür gegeben. Die haben nun das Bild und verkaufen es für Drölfmillionen an den nächstbesten König.
Ich meine… wäre das nicht was für die Titelgeschichte auf art – das Kunstmagazin?
Was ist jetzt eigentlich passiert?
Mal vom Urschleim an erklärt: Große Kunstprojekte, ob jetzt CryptoPunks, Bored Ape Yacht Club, Meebits oder Fame Lady Squad (FLS), werden nicht von einzelnen Personen ins Leben gerufen, sondern von einem Team. Hier wird nicht „nur“ etwas kreativ erschaffen, sondern es braucht Leute zum Smart Contracts programmieren, Discord Channels wollen betreut werden, auf Twitter braucht man Menschen die sich mit PR und social media auskennen…
Zudem, diese Kunst Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie automatisch erstellt bzw generiert werden beim ersten Kauf. Ein Beispiel: Ich sehe auf Twitter, ein neues Projekt entsteht, mir gefällt die Idee und Voransicht – und ich folge nun auf Twitter und trete dem Discord Channel bei. Hier arbeitet das Team und die nun entstehende Community zusammen an Ideen – stellt Fragen, kritisiert, alles wird mit eingearbeitet bis alle zufrieden sind. Alle die investieren wollen, möchten die Verträge lesen, bevor sie auf der Blockchain landen. Alles findet Transparent statt.
Wenn es soweit ist, kommt es zum Drop: auf der Webseite des Projekts kann man sich mit seinem ETH-Wallet einchecken, sich überlegen, wieviel von den (zum Beispiel 8.888) entstehenden Werken man möchte, ist ein Moment geschockt über den Preis (z. B. 0,05 ETH) und noch mehr geschockt über den Gas Preis (Gebühren der Blockchain, kann man immer aktuell sehen auf Etherscan https://etherscan.io/gastracker, kann kurzfristig also sein das zu den 0,05 ETH noch 0,1 ETH Gebühren dazu kommen. Ja, die können sogar höher sein!). Je nachdem wie gefragt das Projekt ist, sollte man schnell handeln… ja oder nein, draufdrücken, hoffen, und mit etwas Glück hat man später in seinem Wallet das fertige NFT. Manche Projekte sind in 10 Minuten ausverkauft. Nun wird das NFT beim Schreiben auf die Blockchain generiert. Auch hier wieder ein Beispiel – bei den FLS sind es Frauen, mit Properties wie Hintergrund, Körper, Kleidung, Ohrring, Haare, Skin, etc… – jede Frau die entsteht, hat unterschiedliche Optionen – alle 8.888 Frauen sind absolut einzigartig. Ob schwarze Haare, Pink oder Punk, Ohrringe oder Sonnenbrille… jede ist anders. Es gibt darunter seltene und normalos, wie im echten Leben halt. Wenn man hier schon dabei ist, wird’s eine Überraschung, welches Werk man nun bekommen wird.
Der Witz geht jetzt erst los: auf Opensea kann man nun endlich sein eigenes NFT sehen – und alle anderen einsehen – und damit handeln. Auf dem Zweitmarkt geht es jetzt los. Manche machen den ersten Schritt nicht mit. Sie möchten lieber vorher sehen was sie kaufen, und sind dafür bereit, mehr zu bezahlen. Manche haben sich beim Drop vielleicht 5 geschnappt, behalten das Werk das ihnen am besten gefällt (oder selten ist, „RARE“ und damit wertvoller als andere) und verkaufen die anderen. Der Floorprice steigt nun also von vorher 0,05 auf vielleicht 0,08 ETH. Wenn man nun weiterverkauft, kann man unter Umständen Geld verdienen (immer dran denken, man hat vorher GAS bezahlt, und man bezahlt wieder Gebühren, also MUSS der Preis höher sein sonst mach man Verlust. Und das Projekt muss gefragt sein, sonst bleibt man drauf sitzen).
Mit jedem Verkauf geht auch etwas vom Verkaufspreis an das Entwicklerteam. Mit jedem Verkauf verdienen die Vorbesitzer mit (je nach Vertrag auf der Blockchain, kann jedes Team anders machen). Wer bei der Pyramide unten sitzt, sackt ein.
Es geht hier also um Geld. Viel Geld.
Um nochmal auf die Mädels mit den Mistgabeln zurück zu kommen. Die zwei oder drei Frauen, die nun das Projekt übernehmen, werden von jetzt an bei JEDEM VERKAUF automatisch vom Smart Contract ETH auf ihr Wallet bekommen. Die Jungs, die das entwickelt haben, haben bis jetzt Geld verdient (sind also wirklich schon reich genug), aber leben nun in Schande. Ab in die Kohlen, Jungs. Während die Anarchie Mädels gefeiert werden und Geld verdienen.
DAS ist in der Kunstwelt einzigartig und nie dagewesen. Oder ich habs verpennt. In der Welt der NFTs muss man woke sein, divers und offen für alles. Sonst wird man gefressen. Und das ist gut so. Wenn die Trottel nur einmal dran gedacht hätten, in ihr Team zumindest eine Frau aufzunehmen und generell über kulturelle Diversität nachzudenken, anstatt nur so zu tun!, würden sie jetzt weiterhin Kohle machen. Mit JEDEM VERDAMMTEN KAUF.
Diese Aktion wird alle weiteren Projekte beeinflussen.
Es wird von nun an schon beim ersten Schritt an Diversity gedacht.
Und das ist gut so.
Nachdem ich mit schreiben fertig wurde, ist es beschlossen worden: Bored Becky übernimmt den Laden. Demokratisch vom Fussvolk entschieden, gekrönt durch artchick (sag niemals Art Chick!!)
Sehenswert https://twitter.com/iamboredbecky/status/1424915975233622017?s=20 & https://twitter.com/digitalartchick/status/1425325278147104770?s=20
Disclaimer: ich besitze zwei der FLS.
Ein paar Tweets:
Nachtrag 13.08.21: https://www.inputmag.com/culture/the-trump-cultists-have-their-own-cryptocurrency-now