Wir haben uns lange gemeinsam mit dem Thema Identität beschäftigt – für mich war es lange nicht ganz greifbar, was denn genau mit diesem Wort gemeint ist. Nachdem mein Papa die Diagnose Demenz erhalten hat, habe ich noch viel intensiver über dieses Thema nachgedacht. Was genau ist es, das uns ausmacht, was genau sind wir und macht uns aus. Und wieviel kann verschwinden, welche Essenz bleibt auch mit Demenz noch erhalten? Sehr viele Joggingrunden habe ich sprechdenkend an CP gequakt, und er brachte es dann oft mit einem Satz auf den Punkt.
Nach und nach ist dann dieses Projekt „Identity“ entstanden. Im Moment sind es nur zwei Objekte, aber es sollen nach und nach noch mehr werden.
Ein Objekt besteht aus transparenten Glasscheiben (Nassplatten Kollodion Portraits auf Klarglas, 8×10 Zoll, bzw 20,3×25,4 cm), auf denen durchscheinende Porträts zu sehen sind. Hinter den Porträts verbirgt sich eine Fotografie von einem Objekt, die im Leben der abgebildeten Personen eine wichtige Rolle spielt (beschichtetem Aluminium, gleiche Größe). Beide Wetplates stehen auf einem Holzständer hintereinander. Je nachdem wie der Betrachter sich bewegt, ist das Portrait mehr zu sehen, dann wieder das Objekt. Die Sichtweise verändert das Objekt.
Die Transparenz der Porträts symbolisiert die Offenheit, mit der wir uns der Welt präsentieren. Die Objekte hinter den Porträts verkörpern einen Aspekt von vielen, die unsere Identität ausmachen. Es kann ein Gegenstand sein, der uns an unsere Vergangenheit erinnert, wie zum Beispiel ein altes Fotoalbum oder ein besonderes Erinnerungsstück. Oder es kann ein Objekt sein, das mit einem wichtigen Meilenstein in unserem Leben verbunden ist, ein Diplom oder ein Pokal. Egal was, diese Objekte sind ein Schlüssel, um der komplexen Struktur einer Identität näher zu kommen.
Die Verbindung zwischen den Porträts und den Objekten verdeutlichen, dass unsere Identität nicht isoliert existiert, sondern eng mit unserer Umgebung und unseren Erfahrungen verwoben ist. Wir sind das Produkt unserer Geschichte und unserer Interaktionen mit anderen Menschen, Orten und Dingen.
Wenn ich weiter darüber nachdenke, wird mir klar, dass es nicht möglich ist, das wahre Wesen einer Person vollständig zu erfassen. Identität ist auch immer im Fluss und entwickelt sich weiter. Ein Teil ist auch verborgen, oder nur denjenigen bekannt ist, die uns sehr nahestehen.
Sind wir alle nur eine Sammlung von Fragmenten und Erinnerungen, die uns zu dem machen, was wir sind?
Mit einem Portrait tu ich mir besonders schwer: mein Papa. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto weniger ist da, was seine Identität ausmacht. Ich kann ihn nicht mal mit einer Analogkamera fotografieren. Schon gar nicht mit Wetplate. Ich habe Angst, dass man die Leere sieht. Meine Erinnerungen aus dieser Zeit werden Handyfotos sein.
Vielleicht schaffe ich es aber auch noch, mich dieser Angst zu stellen.
Ps. Wer an diesem Projekt mitmachen möchte, kann sich gern melden – und ein Gegenstand mitbringen oder eine Idee was als zweite Platte hinter dem Portrait sein soll.
Bettina
was für eine tolle Idee. ich würde gern mitmachen
Nicole Malek
ja klar jederzeit!! :)))