1000km und Opa im Gepäck

Als mein Opa Willy noch fit war, haben wir schöne Reisen zu zweit unternommen. Ich liebe meinen Opa, und ich erinnere mich oft an diese Zeit mit ihm. Als er noch mit dem Auto fahren konnte, war er fast jede Woche bei mir – und inzwischen bin ich eben fast jede Woche bei ihm. Jetzt ist er über Neunzig und das gemeinsame Reisen geht leider nicht mehr.

Als ich jetzt mit einer Gruppe in Prag war, habe ich ihn auf eine andere Art mitgenommen: seine alte Kamera Franka Solida III konnte die Reise mit mir zusammen erleben, und so hatte ich das Gefühl er wäre dabei und hat auch alles gesehen.

Die Exkursion wäre ihm vermutlich eh zu anstrengend gewesen, Freitags sind wir (vor dem langen 3. Oktober-Wochenende) im Stau schrittweise Richtung Dresden, um Abends noch Kristin über die zeitgenössischen Fotografen von Prag erzählen zu hören. Früh um halb acht gings dann in einer kleinen Gruppe zur Exkursion nach Prag. Nachts wieder nach Hause.

  • Haus Müller (ein wahnsinniges, architektonisches Meisterwerk von Adolf Loos)
  • das Rudolfinum – die Ausstellung von Krištof Kintera: Nervous Trees (sehenswert!)
  • die noch nicht eröffnete Galerie und Räume von fotografnet.cz (und haben dabei die Schwester des Künstlers Krištof Kintera kennen gelernt, dessen Ausstellung wir gerade im Rudolfinum gesehen haben) – Markéta Kinterová, creative director und Leiterin des jährlichen Fotofestivals in Prag. Auf den Fotos sieht man ja (oder eben nicht), wie dunkel es auf der Baustelle war… 😉
  • und eine Liveperformance mit sehr schrägen Vögeln in einem unterirdischen Betonklotz. Die Treppen hätten meinen Opa die Knie gekillt. Das selbst designte Getränk des Künstlers vermutlich ebenso. Warum ein Pudel mitgespielt hat, weiß nur der Hund selbst.

Mit der Kamera habe ich sehr kreativ belichtet. Ich hatte drei 120er Delta 100 dabei, und hab den Film bei Sonnenschein UND im dunkelsten Künstler-Verlies belichtet. Mein Gedanke dabei war: ich kann die Tonwerte ja dann noch beim Entwickeln einigermaßen ausgleichen. Das hat nur zum Teil geklappt, aber wie gesagt: kreativ Belichtet. Zum Entwickeln hab ich den neu überarbeiteten Thornton Zweibad von Rüdiger genommen, der wirkt schön ausgleichend und da habe ich nach Gefühl mal paar Minuten drauf gegeben. Die Schärfe ist ein Thema für sich, da man den Abstand schätzen und nach Metern eingeben muss. Bei offener Blende ist es schwer, auf 10cm genau zu schätzen. 1,3 oder 1,4m machen da gleich mal ein Unterschied 😉 Man bekommt doch einiges an Respekt vor dem alten Fotoalbum von Damals…

War schön, mit Opas Kamera zu reisen. Er hat sie übrigens 1952 gekauft, nachdem er zwei Jahre neben dem Fotogeschäft gearbeitet hat und immer im Schaufenster die verschiedenen Kameras angesehen hat. Nach zwei Jahren hat es ihn dann gepackt und er hat sich beraten lassen und dann diese schöne Franka mitgenommen.

An zwei Tagen ca. 1000 km, zwei Städte, interessante und liebe Menschen, Kunst/Ausstellungen/kreativen Input – die nächsten Tage erst mal verdauen…

August 14, 2017

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