Ateliers in der Zigarre

In fremden Ateliers stöbern, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Zur langen Nacht der Kultur Heilbronn am 6.10.2018 öffnete das Kunst- und KulturWerkHaus Zigarre alle Türen und neben Livemusik, Poetry und Party gab es Einblicke in alle Ateliers. Alle waren interessant, hatten tolle Sachen und auch die Ausstellung im Schedachsaal habe ich gesehen.

Meine Top 3 Favoriten an diesem Abend und in diesem Haus:

Klaus Schaeffer – ein kleines, feines Fotoatelier. Klaus ist der Technik gegenüber nicht so eingeschossen wie ich, solange das Bild das erzählt was er möchte, ist es ihm egal ob analog, digital oder sogar nur ein Handybild mit Filter. In solchen Momenten merke ich, dass ich doch auch hin und wieder out-of-the-box denken müsste 😉 sehr schöne Bilder vom letzten Wochenende in Köln hatte er ausgestellt – aber noch besser waren die Portraits. Wie er mit dem Licht arbeitet, finde ich einfach super. So will ich das auch mal können irgendwann.

Günther Zitzmann – ein unbeschreibliches Unikat. Dieses geordnete Chaos in Günthers Arbeitsmaterialien, ich mag ja solche kruschteliche Ateliers. Ich bin mir sicher, dass er jeden Stift und jede Schraube auf Anhieb findet, der Lageplan ist im Kopf verankert. Als Besucher wird man vom bunten Durcheinander geflasht. Seine Arbeiten sind eine Mischung zwischen Gesellschaftskritik und poetischer LeckmichamArsch-Gleichgültigkeit. Jedoch immer mit einem sympathischen und witzigen Augenzwinkern. Skulpturen, die in der Dunkelheit leuchten, oder andere, die so ausbalanciert sind, dass sie wie leichte Federn durch die Luft tanzen. Ansteckbroschen in knalligen Farben oder auch Phallussymbole in allen Formen, Farben und Größen zieren das Atelier. Ein kleiner Arschkriecher oder Alltagsgegenständen in Pink mit Sackhaaren drauf – es gibt in diesem Atelier wirklich alles. Stundenlang mag man hier stöbern. Zur Webseite gehts hier: https://www.zitzmann-kunst.de/

Eberhard Fendrich – nach den zwei vorhergehenden wirkt Eberhard sehr erwachsen. Unter dem Dach ist sein Atelier einfach riesig – und unglaublich geordnet. Mit Anzug steht er neben seinem Stiftetisch, Holzfarben geordnet nach – logisch – Farben und alle, wirklich alle Stifte, sind gespitzt. Kein Bleistift ist kurz oder abgebrochen und alle liegen wie Arbeiter für den nächsten Einsatz bereit. Nach diesem ersten Eindruck haben mich dann seine Papierarbeiten überrascht, zwar auch geordnet, aber vorher wurde das weiche, zarte Chinapapier jedes einzeln von Hand zerknittert und dann wieder geglättet. Lauert also doch eine gewisse Zerstörungskraft und Chaos irgendwo in dieser ansonsten sehr aufgeräumt wirkenden Person? Diese Papierstapel sind von einer Zartheit und Leichtigkeit, beschwert von einem schweren Metallstück. Wunderbar, dass man in seinem Atelier auch alles anfassen darf. Dieses Papier besitzt eine weiche Haptik, es fühlt sich so kuschlig an wie eine kleine Babykatze. Obwohl die Plastiken so leicht aussehen, und man tatsächlich den Atem anhält, um keine Papierschnipsel vom Podest zu pusten – sind alle Schnipsel einzeln miteinander verbunden und verwebt. Nicht geklebt. Man kann nur ahnen, wieviel Stunden der Künstler damit verbracht hat. Seine neuesten Arbeiten gehören zur Serie „Touching Balls“ – zwei Kugeln auf Papier. Mit Holzfarben und Acryl (wenn ich es richtig gesehen habe) erforscht er immer wieder dieselbe Szene, arbeitet an Tiefe und Farben, erfindet sie immer wieder neu. Seine Hartnäckigkeit finde ich beeindruckend. Sehr schöne Arbeiten und ein wirklich außergewöhnlich schönes Atelier.

Die lange Nacht der Kultur war wirklich gelungen, allerdings war es nicht möglich, an nur einem Abend alles zu sehen. Aber ich vermute, dass es in Heilbronn bald wieder diese Möglichkeit gibt!

Danke an die Künstler für den Einblick und das ich fotografieren durfte! Weitere Informationen zu den Künstlern auf der Webseite: http://www.zigarre-heilbronn.de/

 

Oktober 5, 2018

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