Poetry-Slam im Theater Heilbronn mit Glitzer-Firit

Dank dem Facebook-Team vom Theater-Heilbronn, das wirklich auf Zack ist, hab ich kurz vor der Premiere erfahren, dass es noch Restkarten an der Abendkasse gibt. Also CP noch nicht mal richtig die Jacke ausziehen lassen, geschnappt und wirklich in letzter Minute (also 17.59) an die Theaterkasse, 2 Karten grad noch bekommen und ab in den Saal. Da Premieren eh nie pünktlich anfangen, hatten wir noch echt Glück… 🙂

Das ich überhaupt in „Liebe(s) Lyrik! Poetry-Slam mit Texten vom Barock bis zur Gegenwart“ wollte, lag eigentlich nur an zwei Dingen:
– ich wollte endlich mal ein richtigen Poetry-Slam sehen, nachdem mich wochenlang alle möglichen leuten mit diesem (ja, bei den aller-aller-ersten fünf mal tollen) ding von julia genervt haben
– es irgendwas im Theater mit Oliver Firit gibt. Für mich ja ein muss. Den knauzig-kuscheligen, hüfteschwingenden Knuffl sehen – lohnt sich immer wieder. Diesmal als Moderator im Glitzerfrack. * Firit * plus * Glitzer *. Die Elster in mir war da ja praktisch schon scheintot vor Glück.

Als Slammer angetreten sind dann:

Luise Schubert (an erster Stelle genannt!) war (wieder) eindringlich, gefühlvoll, tiefgehend und intensiv. Sie hat von den drei Runden auch locker eine gewonnen, und hätte auch ein zweiten Sieg wirklich verdient…

Joachim Foerster hatte eine weiße Gitarre, war ein sexy Schwellkörper und überzeugte durch ironisch – leicht durchgeknallte Interpretationen, die vor allem die jungen Abi-Mädels entzückten. Ich sag nur: aufgeknöpftes Hemd. Hochgekrempelte Hosen. (ja, natürlich schräg gekrempelt. Wir sind ja Avantgarde. Und das müssen ja auch die merken, die zwar nach Hormonen, aber selten nach Deo riechen: Abiturienten, männliche.)

An dritter Stelle – der Gewinner – Fabian Schiffkorn. Hachgott, ja: Flugzeuge in meinem Bauch. Ansonsten ein Gewinner ohne Profil. Die Gitarre war auch nur rot. Und die Hosen auch gleichmässig. Ja. Hm. Typ: perfekter Schwiegersohn.

Mein ganz persönlicher Gewinner: die unaufgeregte, nur die Texte sprechen lassende, sich selbst zurück nehmende (weil es eben nicht um den Hosenkrempel geht, sondern um Poesie): Judith Lilly Raab. Mit dem wundervollen, unfassbar schönen Gedicht von Nora-Eugenie Gomringer:

Liebesrost

Über Nacht
Hast du oxidiert
Neben mir

Hast auf mich reagiert
Bist rostig geworden
Du sagst
Golden
Ich lecke an deinem Hals
Du schmeckst wie der
Wetterhahn

Der Gewinner durfte auch noch sein Siegergedicht vortragen. Schade, dass es nicht das von Judith war. Denn das hat mich… am meisten überzeugt.

Darf man davon ausgehen, dass sie selbst das ausgesucht hat, oder wurde es von der Konzeption (Sarah Holtkamp) ausgewählt? Egal. Eins der schönsten Liebesgedichte, das ich je gehört habe, von Erich Fried:

Durcheinander

Sich lieben
in einer Zeit
in der Menschen einander töten
mit immer besseren Waffen
und einander verhungern lassen
Und wissen
dass man wenig dagegen tun kann
und versuchen
nicht stumpf zu werden
Und doch
sich lieben

Sich lieben
und einander verhungern lassen
Sich lieben und wissen
dass man wenig dagegen tun kann
Sich lieben
und versuchen nicht stumpf zu werden
Sich lieben
und mit der Zeit
einander töten
Und doch sich lieben
mit immer besseren Waffen

Gewinner der Herzen: der kleine Techniker: Lars (Herr der Knöpfe), der uns von Ringelnatz das immer wieder nette „Ich hab dich so lieb“ vorgetragen hat. Zucker, der Kleine!

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3 Comments

  1. Antworten

    Silke Zschäckel

    Februar 2, 2014

    Liebe Nicole, Dein Beitrag ist einfach bezaubernd. Alle, die das lesen, und nicht dabei gewesen sind, werden es bereuen.
    Und da Du so ein großer Fan von Olli Firit bist, geh in „Enron“, da hat er wieder eine Mega-Rolle. Und auch Judith dreht da richtig auf …
    Liebe Grüße und bis bald in Deinem Theater Heilbronn
    Silke Z.

    • Antworten

      Nicole Malek

      Juni 6, 2014

      Hallo Silke!
      Irgendwie verschluckt mein Blog doch tatsächlich die Mails! Gerade erst gesehen!
      Enron habe ich natürlich auch gesehen – auch ein wirklich erstklassiges Stück und genial umgesetzt! So ganz bin ich noch nicht dahinter gekommen, was die bunten Lippen bedeuten, die sich verändern… von Grünschnabel dann zum Profi? Auch hier: beschäftigt mich noch lange danach 🙂
      Macht weiter so! 🙂
      Liebe Grüße,
      Nicole

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